Die Aufklärung ist eine der größten kulturellen, sozialen und philosophischen Errungenschaften der Neuzeit [1]. Sie hat ihr Ziel nicht erreicht, den Menschen von seiner Unmündigkeit und Gebundenheit an dogmatische Glaubenssätze, politische Machtbestrebungen und moralische Zwänge zu befreien. Sie ist vielmehr eines stillen Todes gestorben. Leitartikler und Kolumnisten haben ihren Tod nicht bemerkt und nicht kommentiert. Eine neue Religion hat sich breit gemacht, unduldsamer, dogmatischer und mindestens genauso gewalttätig wie die alte, von der uns die Aufklärung befreien wollte. Die neue Religion ist der Wissenschaftsglaube, der Szientismus mit seinem transhumanistischen Bekenntnis, der Mensch sei Gott und könne daher alles, was er technisch vermag und sozial durchsetzen kann, ausführen [2-8].
Aufklärung
Die Aufklärung war ein gradueller Prozess. Er wird gerne mit großen Namen wie Leibniz, Kant, Voltaire, D’Alembert, Holbach, Diderot im philosophischen Bereich und mit „aufgeklärten“ Monarchen wie Joseph dem Zweiten und Friedrich dem Großen in Verbindung gebracht. Aber im Grunde war es ein laufender Prozess. Er wurde möglich gemacht durch die Einsichten der Wissenschaft, die dem Menschen tieferes Verständnis der Welt und damit eine neue Handhabe gaben. Gleichzeitig wurden damit jene Aspekte der Religion fragwürdiger, die eindeutig Aberglauben waren, etwa die Vorstellung, ein Erdbeben oder eine Seuche sei Strafe Gottes. Man sollte aber auch nicht vergessen: Ohne Religion hätte es nie eine Aufklärung gegeben. Die Aufklärung begann im Grunde im Mittelalter mit jenen Denkern und Philosophen – Kleriker allesamt -, die ihren Verstand dazu einsetzten, der Frage nach dem Grund der Welt nachzugehen [11]. Oft wird Galileo Galileis Kampf gegen die klerikalen Kleingeister als emblematisch für die Aufklärung angeführt. Man übersieht dabei, dass die wirklichen Kleingeister nicht die Kirchenmänner waren, sondern Galileos akademische Konkurrenten. Führende Kirchenmänner wie Kardinal Bellarmin, der spätere Papst, waren Galileo und seinen astronomischen Erkenntnissen sogar unterstützend gewogen. Der Hausarrest, den er am Ende seines Lebens halten musste, war der Tatsache geschuldet, dass er zum einen politisch sehr unklug war und seinen Unterstützer Bellarmin in seinem Dialog leicht erkennbar die Dummerchen-Rolle spielen ließ und sich überdies nicht auf sein Gebiet, die Astronomie und Mathematik beschränkte, sondern sich auch in der Theologie betätigen wollte, was man ihm als Nicht-Theologen ausdrücklich verboten hatte [12-14].